Auf der Suche nach Themen, die wirklich Wichtig sind, könnte der technik-affine Philosoph auf die Idee kommen, Google zu befragen. Schlechte Idee – ich habe es ausprobiert und rate dringend, das eigene Hirn zu benutzen.
In meinem Hinterkopf gärten wichtige Themen, die ich in diesem Blog noch kommentieren wollte. Sie gärten möglicherweise etwas zu lange. Jedenfalls bemerkte ich in meinem Urlaub (auf Madeira – dazu später mehr), dass mir bereits ein paar Leute zuvorgekommen waren. Ich hatte mir zu folgenden Themen vorgenommen, jeweils einen Blog-Artikel zu schreiben: Twitters 280 Zeichen, Sexismus und Heldenreisen. das wurde aber nichts.
Ich genoss also mit meiner besten Ehefrau von allen unseren Urlaub auf Madeira. Seit dem Einkauf in einem authentischen Weinladen (der Spar-Markt gegenüber) genossen wir passend zum Urlaub auf Madeira ein Schlückchen Madeira. Entspannt und gestärkt fühlte ich mich motiviert, mindestens einen Artikel von meiner Urlaubs-Blog-Artikel-Liste zu verfassen. Alle waren an-recherchiert aber letztendlich hatte ich noch zu keinem eine zündende Idee für die Story. Ich bin also meine Recherche noch einmal durchgegangen und mir ist etwas aufgefallen.
Zum Warmwerden aber erst das Intro zu den drei Themen, falls Ihr grade aus dem Urlaub vom Mars zurück seid und nichts mitbekommen habt. Außerdem will ich natürlich die Gelegenheit nicht verschenken, noch schnell meine Meinung zu den Themen los zu werden. Immerhin schreibe ich keinen vollständigen Artikel mehr.
Twitters 280 Zeichen
Twitter erhöht die maximale Länge seiner Posts von 140 auf 280 Zeichen.
Mit diesen 73 Zeichen ist eigentlich alles zu diesem Thema gesagt. Weitere Details möge der fleißige Leser bitte in den 192Mio Google-Suchergebnissen zu den Stichworten „Twitter 280“ nachlesen. Du fragst Dich, warum Du das tun solltest? Gute Frage. Ich weiß es aber auch nicht. Solange ich es aushalten konnte, habe ich zufällige Artikel aus der Trefferliste gelesen. Es waren immerhin drei, die sich wiederum auf etwa drei Kernaussagen reduzieren lassen:
- Twitter hat das Wesentliche an Twitter – die erzwungene Kürze der Nachrichten – aufgegeben und geht deshalb zugrunde. Niemand will doppelt so viel Müll lesen wie zuvor.
- Es kommt eben doch auf die Länge an: Die Kunst ist doch, die Aussage auf den Kern zu bringen und dafür reichen 140 Zeichen. Selbst Trump schafft es, Weltpolitik in 140 Zeichen zu erklären.
- Twitter selber geht davon aus, dass nur Wenige die neue Länge ausschöpfen. Unkenrufe behaupten, dass die neue Länge genauso willkürlich und beliebig ist wie die alte, was vermutlich stimmt. Und wenn sie keiner ausschöpft, warum richtet Twitter sie ein?
Ja, hm, viel mehr Substanz habe ich nicht gefunden. Gibt es weitere Aspekte? Möglich. Ich habe meine Ansicht dazu getweetet.
Endlich #280zeichen, jetzt kann ich endlich noch eine kleine Vorbemerkung zu meinem kurzen, knackigen Tweet schreiben: So begab es sich aber zu der Zeit, als Trump Präsident der #USA war und das Weltgeschehen noch in #140zeichen passte, als der Nachrichtendienst Twitter seine Reg
— Der Philosoph (@philosofiehn) November 11, 2017
Sexismus
Zum Thema Sexismus findet Google etwa 1.8Mio Einträge im Netz. Fassen wir den Status-Quo mal zusammen:
- Eklige alte Männer reduzieren Frauen / Mädchen auf ihren Körper – Bäh.
- Im Fahrwasser ernsthafter Übergriffe entsteht die Diskussion über Alltags-Sexismus. Hier geht die Spannweite der berichteten Übergriffe von Bäh (Angrapschen) bis HachjaOhjeOhje (Blumen schenken).
- Wir sollten mehr miteinander als übereinander reden.
- Männer sind doof, Frauen auch. Alle Frauen übertreiben und alle Männer haben Vorurteile (oder war es umgekehrt? Wie auch immer…)
- Madeira ist ein geiles Zeug – hat Spliff das nicht 1982 schon besungen?
Mein Madeira gestärkter Geist reduziert das Thema auf eine einfache Regel: Spaß ist, wenn es allen gefällt. Wenn ein Teilnehmer einer lustigen Runde es nicht lustig findet, ist es nicht lustig. Und nicht lustige Späße lassen wir, weil wir ja eigentlich lieb und nett sind, gelle?
Heldenreise
Die Heldenreise ist ein Erzählmuster. Es geht um eine Person, die aufgrund eines Schlüsselereignisses aufbricht, Gefahren trotzt, erstarkt zurückkehrt und die ursprüngliche Herausforderung besser besteht. Dieser Plot kam in erfolgreichen Filmen wie Pretty Woman oder in Star Wars zum Einsatz.
Ich glaube, dass Heldenreisen auch im wirklichen Leben passieren – manche Psychotherapeuten übrigens auch. Wir können uns bei jedem Ereignis mit anschließendem Aufbruch fragen, wie unsere eigene Heldenreise weitergeht und zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Schauen wir uns das am Beispiel einer Führerscheinprüfung an:
- Ereignis: Unser Held ist 17 Jahre alt geworden.
- Aufbruch: Anmeldung zum Führerschein.
- Eine Reihe Prüfungen und Rückschläge später bekommt der Held das Zertifikat verliehen, fahren zu dürfen.
- Möglicherweise erwarten unseren Helden weitere Rückschläge, wenn er in Parkhäusern einzuparken versucht.
- Geläutert und gestärkt durch eigenfinanzierte Reparaturen und Knöllchen übernimmt er dann für seine Peergroup Verantwortung und Transportaufgaben.
An jeder Stelle hätte die Heldenreise unterbrochen werden können. Und dann? Kein Held, keine Stärkung, keine Lösung des Anfangsproblems, kein Lappen für den nicht-Held und somit keine Heldenreise. Tragisch.
Zum Thema gibt es etwa 800 Einträge im Netz. Die könnt Ihr Euch auch ohne meinen Überblick selbst ansehen.
Merke: Heldenreisen sind zu beenden oder es sind keine.
Passt Häufigkeit zu Wichtigkeit?
- Twitters 280 Zeichen hat 192 Mio Fundstellen und damit 100 mal mehr als Sexismus. Als ich den Artikel vor wenigen Tagen begonnen habe, waren es nur 187Mio.
- Sexismus hat 1,8 Mio Fundstellen und etwa 2000 mal mehr als das Erzählmuster Heldenreisen.
- Heldenreisen als Erzählmuster ist mit 800 Fundstellen weit abgeschlagen auf dem dritten Platz im Google-Fundstellen-Ranking.
Wir erkennen: Was wirklich wichtig ist, können wir nicht aus der Anzahl der Fundstellen im Netz ableiten. Ich lasse mal meine persönliche Reihenfolge offen – Twitter würde es aber nicht unter die Top-Drei in dieser Auswahl schaffen… Meine Empfehlung: Bildet Euch eine eigene Meinung zur Wichtigkeit und lasst Euch nicht von Google einlullen: Weder die Häufigkeit noch die Reihenfolge der präsentierten Fundstellen ist relevant: Häufigkeit sagt etwas über den Fleiß anderer und die Reihenfolge etwas über Googles Meinung zur Wichtigkeit.
Was bleibt für mich?
- Nie mehr: Aus der Anzahl der Fundstellen im Netz eine Wichtigkeit ableiten.
- Bald: Einen Blog-Eintrag zu Madeira verfassen.
- Jetzt: Vielleicht noch ein Madeira-Absacker?