November-Nebel


Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen, in dem die Autorin sehr schön über den Schlechtwetter-Blues berichtet hatte. Sie meinte, dass sich bedeutungsschwere Themen wie die Frage nach dem Sinn des Lebens nie bei Sonnenschein und 30Grad Wärme sondern nur bei nebligem Wetter und Dunkelheit stellen. Und dass dieser November-Nebel nicht nur das Wetter beschreibt sondern auch die Gemütslage. Mir hat der Artikel gefallen, da ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht hatte.

Ich meine, dass die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens vielleicht aus dem November-Nebel-Blues geboren wird, aber wörtlich genommen Blödsinn ist: Ich frage ja auch nicht nach dem Sinn des Wetters. Es ist einfach da. Und man selbst ist aus einer Innensicht heraus auch einfach da. Wenn es also einen inhärenten Sinn meines Lebens gibt, dann kann das doch nur derjenige beantworten, der mir das Leben geschenkt hat, aber doch nicht ich selbst. Also die Eltern fragen? Jetzt wird es kompliziert: auch das ist es nicht die richtige Vorgehensweise. Denn eigentlich befriedigt uns nicht die Antwort, welchen Sinn jemand anderes unserem Leben gegeben hat. Stattdessen bohrt die Frage, welchen Sinn wir unserem Leben selbst geben. Genau genommen ist es daher keine Frage – es ist eine Aufgabe, die wir uns selbst aufbürden. Und irgendwie stimmt es uns dabei schwermütig, wenn wir diese Aufgabe nicht zufriedenstellend gelöst haben, lösen oder lösen werden. Die Frage nach dem Sinn des Lebens wandelt sich also in eine Aufgabe, die wir für unseren Seelenfrieden lösen müssen: Irgendwie wollen wir unserem Leben einen Sinn geben und es fühlt sich schlecht an, wenn es nicht gelingt.

Mit dieser Analyse sind die Zuständigkeiten zumindest geklärt: Nicht das Leben muss einen Sinn haben (Warum sollte es auch?) sondern man selbst möchte dem Leben ein Sinn geben. Das ist nicht das Gleiche.

Interessanterweise schießt sich der Kreis ab hier wieder zum oben genannten Artikel: Die Autorin sucht sich Aufgaben, die sie löst – die also Ergebnisse und damit einen Sinn haben. Das ist richtig: Königsklasse der Lebenssinnsuche ist nun, wenn auch andere den Sinn der Aufgaben erkennen und sie mit der handelnden Person verbinden. Damit haben wir nämlich den Sinn eines Lebens in einem sozialen Umfeld verankert. Ist es dass, was gemeint ist? Ich möchte meinem Leben einen Sinn geben, der mich sogar überdauert?

Na dann: Große Dinge warten, da sollten wir uns mal nicht von einem bisschen November-Nebel aufhalten lassen. Wenn Ihr Euren Aktionismus noch einen Moment unter Kontrolle halten könnt, lest doch mal den Artikel aus der Zeit zu dem Thema Existenzialismus, er passt gut zu diesem Post.