Demenz


Ich glaube, dass man Energie vernichten kann. Physikalisch mag es nicht gehen – Energie kann man angeblich nur umwandeln. Das Leben lehrt aber, das es eine Krankheit gibt, die Lebensenergie vernichtet: Die Demenz. Das Perfide an der Demenz ist, dass sie die Lebensenergie des Erkrankten und die seiner Angehörigen vernichtet. Das Grausame ist die Langsamkeit. Es ist, al ob jeden Tag ein weiterer Tropfen in ein Fass fällt. Aber das Fass wird nie ganz voll und war nie leer: nie ist eine eindeutige Situation erreicht: Nie ist es so, dass der Betroffene gestern noch etwas konnte, aber heute nicht mehr. Stattdessen kann er es heute noch ein kleines bisschen schlechter als gestern. Wann aber muss der Angehörige Maßnahmen einleiten? Wann ist die Ernährung nicht mehr gesichert, wann die Hygiene oder die medizinische Versorgung? Gestern ging es, warum heute nicht mehr?

Wir Angehörigen fürchten Störungen im Alltag des Erkrankten. Es besteht das Risiko, dass das löchrige Alltagsgebäude zusammenbricht: Eine Krankheit, ein Unfall, vielleicht auch nur ein nicht mehr funktionierender Telefonanschluss. Oder ist die Störung gut, weil dann die Situation eindeutig wird? Ja, die Eindeutigkeit ist gut, die Konsequenzen daraus meist nicht. Das permanente Warten und Abwägen vernichtet Energie bei den Angehörigen.

Wir müssen uns dieser Sisyphosaufgabe stellen – dazu verpflichtet uns unsere Familienbande. Wichtig ist unsere innere Erwartungshaltung: Die Betreuung des dementiell Erkrankten kann Jahre andauern. Wir müssen uns von Anfang an auf einen Marathon, nicht auf einen Sprint einstellen. Geht diesen Weg nicht allein. Holt Euch professionelle Hilfe, sprecht mit anderen über Eure Nöte. Ihr seid nicht die ersten mit dieser Aufgabe, andere haben das auch erlebt und haben somit mehr Erfahrung als Ihr. Nutzt sie. Zum eigenen Vorteil und für Eure Angehörigen.

Ihr müsst Euch auch auf unbequeme Begegnungen einstellen. Der Kreis des Lebens schließt sich aber in dieser Situation: Jetzt seid Ihr groß und müsst Eure Eltern (meist sind es die Eltern) in Eure Fürsorge aufnehmen – Dazu müsst Ihr jetzt nur noch schnell das alte Eltern / Kind Rollenbild aufbrechen. Denkt mal drüber nach, ich werde dazu mal einen weiteren Post vorbereiten.

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